Regionalia
Die Reitingau
Eine Liesingtaler Talschaft im Wandel
In den waldreichen Talschaften der mittleren Obersteiermark verschwinden nach und nach einstige Bauerngehöfte. Eine jahrhundertealte Agrar- und Baukultur weicht dem Wald, der sich speziell auf den Hängen zurückholt, was ihm von den Besiedlern dieses Gebietes vor 800-1000 Jahren abgerungen wurde. Die Tourismusbranche fasste in diesen Gebieten kaum Fuß, daher werden heute auch kaum Wünsche und Forderungen nach einer abwechslungsreichen Kulturlandschaft laut. Damit ein im Verschwinden begriffenes bäuerliches Siedlungsgebiet nicht völlig in Vergessenheit gerät, ging die Autorin der Frage nach ehemaligen Besiedlungs- und Besitzverhältnissen und den Ursachen des Bauernsterbens in früheren Jahrhunderten nach. Sie hielt Relikte vormaliger Baukultur und bäuerlicher Flurformen dokumentarisch fest, bevor sie gänzlich im Wald versinken. Sie befragte Zeitzeugen und fotografierte noch bestehende Altbauten. Aus diesem ursprünglich rein volkskundlichen Interesse wurde schließlich ein umfassendes Forschungsprojekt, das historische Hintergründe, wirtschaftliche Faktoren, Geologie, Pflanzen und Tierwelt, Land- und Forstwirtschaft, Jagd, Gewerbe, gesellschaftlichen Wandel, Besieldungs- und Hausformen gründlichst behandelt. Die Ermittlung der Besiedlung und der Lebensverhältnisse Reitingauer Bewohner in früheren Jahrhunderten bis zur jüngsten Vergangenheit war geleitet von dem Bemühen, Ursachen und Auswirkungen von Veränderungen zu veranschaulichen. Deshalb sind besonders agrar-, forst- und jagdgeschichtliche Abhandlungen relativ umfangreich.
Die Reitingauer, auch „Grabler“ genannt, kennzeichneten sich immer durch ein besonderes Zusammengehörigkeitsgefühl aus. Auch heute legen sie noch Wert darauf, ihre Identität zu wahren, auch wenn diese neue Ausdrucksformen gefunden hat.
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Rezensionen:
... Die Reitingau ist ein Graben, der bei Mautern ins Liesingtal mündet. Seine wechselvolle Geschichte wird im Buch umfassend beschrieben. Pflanzen- und Tierwelt, früheste Besiedelungsgeschichte, Hofformen, Grundherrschaften, Lebensverhältnisse und besondere Vorkommnisse. Das Buch ist nicht nur für Fachleute, sondern auch für heimatverbundene Menschen interessant und lesenswert. Zudem wurde das Buch vom Weishaupt Verlag sehr ansprechend gestaltet.
(Obst - Wein - Garten, Nr. 2/2002)
Nach und nach verschwinden in der Reitingau wie auch in anderen waldreichen Talschaften einstige Bauerngehöfte. Eine jahrhundertealte Agrar- und Baukultur weicht dem Wald, der sich speziell auf den Hängen zurückholt, was ihm von den Besiedlern vor 800 bis 100 Jahren abgerungen wurde. Talschlüsse, wo einst pulsierendes Leben herrschte, veröden, alte Flur- und Hofnamen geraten in Vergessenheit ... Von den vor 200 Jahren in der Reitingau noch selbständig bewirtschafteten 36 Bauerngütern existieren heute noch drei ... Das Wissen von Zeitzeugen über frühere Lebensverhältnisse vermittelt ein Bild über die Wohnsituation, Nahrung und Kleidung sowie Bräuche bis in die Zeit des Ersten Weltkrieges zurück ... Die Bevölkerung dieser Talschaft zeichnete sich durch ein besonderes Gefühl der Zusammengehörigkeit aus. Sie bewahrte bis heute ihre Reitingauer Identität, auch wenn diese neue Ausdrucksformen gefunden hat ... Der vorliegenden Publikation ging eine mehrjährige Forschungsarbeit der Autorin über die Reitingau mit siedlungs-, wirtschafts-, kultur- und sozialwissenschaftlichem Schwerpunkt voraus.
(Neues Land, 24. Mai 2002)
... Der Wald und die Viehhaltung bildeten über Jahrhunderte die Existenzgrundlage der Reitingauer Bevölkerung. Nach dem Aus des Holzkohlenabsatzes Ende des 19. Jahrhunderts gingen viele Bauernhuben in das Eigentum des Großgrundbesitzes über. Im Großwald wurde Forstwirtschaft betrieben, und ehemalige Bauern und Knechte verdingten sich nun hauptberuflich als Holzarbeiter ...
In den 50er Jahren wurden mit der Motorisierung Zugtiere überflüssig, die Umstellung auf Milchvieh war die Alternative. Die Mechanisierung der Forstarbeit reduzierte die Arbeitskräfte im Forst ... eine völlige Umstrukturierung des sozialen Gefüges setzte ein ...
(Landarbeiterkammer / Kultur, Mai 2002)